Das Lyrikprojekt zur Lutherdekade im Themenjahr 2015
in Kooperation mit Anton G. Leitner | DAS GEDICHT
André Schinkel
Weg zur Orangerie
Fiebernd der grüngelbe Stiel der
Winden und Malven im Ab-
Licht des Schlosses – das Rufen
Der Reiher und Gänse im Ohr,
Wagst du die Schritte hinaus, aus
Dem Bausch der Erschöpfung
In die Stein-, die Glas-, die Dornen-
Wolle der neuen Erschöpfung –
Vom Gelichter der Wildschweine
Verfolgt, der Legende der Fläminger
Wölfe, hinterm Flugplatz, wo das
Nächtliche Stammlicht der Bäume
Niemals verlischt. Geh doch, unter
Der Aufsicht der Katzen, in den
Wäldern spazieren, und doch wirst du
Niemals einer der Ihrigen sein:
Ihr Spotten und Schreien, ihr fleder-
Mausartiger Flug treibt dich wieder und
Wieder zur Orangerie-Balustrade
Zurück. Nur zu schreiten bleibt dir,
In bemoosten Sandalen, und welke
Ausschau zu halten – nach dem Nichts,
Das dich rosenfalb lockt, von dem
Sie behaupten, es sei Liebe genannt.
© André Schinkel, geboren 1972 in Eilenburg, lebt in Halle / Saale.