Lockdown-Lyrik 59: »Karwoche« von Fritz Deppert

»Lockdown-Lyrik! Quarantäne querdenken – etwas ernst zu nehmen heißt nicht, sich davon unterkriegen zu lassen« ist eine Online-Sammlung von Gedichten, die sich mit der Corona-Krise befassen. Es darf uns die Sprache nicht verschlagen! In loser Folge erscheinen neue Episoden der von Alex Dreppec, Jan-Eike Hornauer und Fritz Deppert herausgegebenen Anthologie.

 

Fritz Deppert

Karwoche

Kreuze sind errichtet,
Marterwerkzeuge zurechtgelegt,
Gruben für Leichen ausgehoben.
Hinter vorgehaltener Hand reden manche
Unternehmer von unwertem Leben:
Greise rechnen sich nicht im Vergleich
mit der Gefährdung der Renditen.
Wichtiger ist es, dass
Preise für Schutzmasken steigen, weltweit,
ebenso für Särge und Nägel.
Karwoche. Ein Tag für das Gedenken
an die Gekreuzigten ist gestattet.
 

Youtube-Video: https://youtu.be/JO-k1ezFaXY
 

© Fritz Deppert, Darmstadt

 

Zu dieser Reihe: »Lockdown-Lyrik! Quarantäne querdenken – etwas ernst zu nehmen heißt nicht, sich davon unterkriegen zu lassen« ist eine Online-Sammlung zu den aktuellen Auswirkungen der Corona-Krise. Wir wollen im Gespräch bleiben, während wir Infektionsketten unterbrechen. Wir wollen die Erfahrung der Vereinzelung miteinander teilen. Wir wollen virtuelle Brücken bauen. Wir wollen das tun, was wir können: dichten, die Welt – und auch die aktuelle Situation – poetisch erfassen.Unser Anliegen ist es in jedem Fall, zu einem Mehr an Besonnenheit beizutragen, zu versöhnen statt zu spalten. Mit Sorge sehen wir überharte Diskussionen, wie sie derzeit online, aber auch offline zu häufig geführt werden. Klar ist uns: Es gehört zu einer Demokratie dazu, Konflikte auszutragen. Aber wir insistieren auch hierauf: Es ist ebenso unerlässlich, sich des Gemeinsamen, Verbindenden bewusst zu sein und zu werden sowie respektvoll miteinander umzugehen.

Uns ist bewusst, dass bereits der Ansatz, zur Corona-Pandemie eine Lyrik-Online-Anthologie herauszugeben, ihre Auswirkungen zeitnah lyrisch zu behandeln, und dies aus verschiedenen Perspektiven sowie in unterschiedlichen Tonlagen, als Provokation aufgefasst werden kann. So ist diese Sammlung keineswegs gemeint. Ihr Thema an sich ist jedoch eben hochemotional besetzt. Für uns, die Herausgeber der Reihe, bleibt trotzdem und gerade deshalb wichtig: Wir wollen Brücken bauen, Perspektiven weiten, der ungewohnten Situation mit poetischen Mitteln und im gemeinschaftlichen Sinne begegnen.

Bleiben Sie gesund!

Alex Dreppec, Jan-Eike Hornauer, Fritz Deppert
 
PS: Alle bereits geposteten Folgen von »Lockdown-Lyrik! Quarantäne querdenken – etwas ernst zu nehmen heißt nicht, sich davon unterkriegen zu lassen« finden Sie hier. In loser, jedoch zügiger Folge wird die Sammlung erweitert.

 

2 Kommentare

  1. Guten Tag,
    dieser Blog ist eine gute Idee. – Danke dafür!
    Wenn Sie möchten, können Sie ein kleines Tanka von mir hinzufügen:

    Coronaviren
    blühen in der Nähe auf
    wie Menschen im Mai,
    stürzen bei Distanz jedoch
    viel viel schneller in den Tod.

    Danke und schöne Ostergrüße, auch an Hrn. Leitner,
    Wolfgang Stock

  2. Dieses Gedicht weist uns darauf hin, dass unsere Menschlichkeit durch dieses Virus auf den Prüfstand gerät. Sehr wichtig, danke. ” Unwertes Leben”, man kennt diesen Ausdruck in Deutschland als “lebensunwertes Leben” schon irgendwo her… Ich fürchte, die Menschlichkeit wird in Zukunft massiv unter Druck geraten und dies ist nur ein Vorspiel bzw. eine Orchesterprobe. Meine persönliche Positionierung ist hierbei klar. Ich stehe IMMER auf der Seite des Lebens, ohne Wenn und Aber. In einer anderen Gesellschaft zu leben, wäre für mich selbst lebensunwert. Das christliche Menschenbild ist hierbei die Leitlinie. Es KANN keine andere geben. Frohe Ostern.

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