Vom Leder gezogen – zur EM 2016 in Frankreich, Folge 46: »Zwaadausendsechs«

Die Lyriker-Mannschaft von DAS GEDICHT blog mit Kapitän Jan-Eike Hornauer kommentiert die Fußball-EM unterm Eiffelturm

 

Matthias Kröner

Zwaadausendsechs

Edz,
zehn Joahr schbääder,
louh i mein Daidschlandschool drin
im Schrank.
Sunsd verwechsld mi am End nu anns
mied ämm Anhänger vo Begida.
Domools,
wäi mir gschbylld hamm wäi haid di Isländer,
hobb i immer mein School miedghabbd,
änn Daidschlandschool, und aamol hobb i mi sugoar oogmoold
mied ämm Schminkschdifd
vom Aldi
in Schwazz-Road-Gold.
Des hodd si richdi oogfühld.
Endli hosd Fohner schwenkn därffm, ohne dassd glei an des Scheusool
dachd hosd,
däi Laid sinn kummer
aus aller Weld
und hamm ihre Fohner miedbrachd,
und mir sinn dordghoggd, alle miederernand,
ä Kroade, ä Idaliener, ä Dschech, ä Pole, und sugoar an änn Brasilianer kann i mi nu erinnern,
dordghoggd am Haubdmarkd
und hamm di Verdlfinools oogschaud,
Bäss, Fehlbäss, geniole Dribblings, Dorschüss,
goud woars und schäi woars und richdi woars.
Obber desmool,
iich wass ned, iich kumm ned nei,
iich bin ned drin,
doo is su ä klanne Schudzschichd ass hauchdünner Schdaniolbabier,
däi lässd mi ned durch zu aich,
zu aich, Foußballer,
däi su sauber schbylln und alles su subber richdi machn,
su berfekd wäi Robodder,
und zu aich, Fäns,
wall mä aire Fohner
haidzudooch
nix mehr gebm.
Däi sinn widder dreggerd worn.
An denner hängd zu vyll Gschrei, zu vyll Kambf
und zuwenich Worschdichkeid.
Wemmers werkli gwinner,
däi EM,
des Dunier,
klingd des Huubkonzerd
aff dä Schdrass schrääch und falsch wäi ä Symbfonie vom Schönberch,
blouß dass der
grouße Kunsd gmachd hodd.
Schau di um! Es gibbd nu ä boar, däi di Fohner an ihre Audos dran hamm,
obber des hodd nix mehr Unschuldichs,
des sichd a weng gschdelld aus,
wäi wennsd ä Fodo machsd und mä soll bidde edz doo draff lachn,
wäi wenn dä dä Schminkschdifd
auskummd,
dä Schminkschdifd vom Aldi,
der änn Summer lang für wos anners
gschdandn is.

 
© Matthias Kröner, Lübeck

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Die EM 2016 lyrisch zu kommentieren, und dies schnell und in doppeltem Sinne fachkundig (mit poetischem und fußballerischem Verstand), mit Witz und Eifer, voll Leidenschaft und auch mal mit distanziertem Blick, dies hat sich das Lyriker-Team um Kapitän Jan-Eike Hornauer zum Ziel gesetzt. Es besteht aus: Michael Hüttenberger, Hellmuth Opitz, Michael Augustin, Alex Dreppec und Matthias Kröner. Und damit durchgängig aus bewährten poetischen Fußball-Kommentatoren: Sie alle waren bereits in der Lyriker-Elf von DAS GEDICHT blog dabei, die vor zwei Jahren den Weg der deutschen Nationalmannschaft zum vierten Stern auf dem Versfuß begleitet hat, spielerisch, euphorisch, kritisch – und mit einer Mannschaftsstimmung, wie man sie sich besser nicht wünschen kann. Und sie alle haben sich blitzschnell dazu bereit erklärt, auch heuer wieder ihre Kugelschreiber rollen zu lassen bzw. am Laptop ihre Silben knallhart in die Ecken der weißen Blätter zu hämmern. Kein Zögern gab es und keine Absage. Der Teamgeist von 2014 ist immer noch da – bei uns und gewiss auch bei den Jungs aus der DFB-Elf. Mögen dort auch einige Spieler durch neue ersetzt worden sein, und mag unser Team zum »kleinen« Turnier auch mit kleinerer Besetzung auflaufen.

Alle bereits geposteten Folgen von »Vom Leder gezogen – zur EM 2016 in Frankreich« finden Sie hier. Und selbstverständlich können Sie auch nach wie vor den kompletten Weg zum vierten WM-Titel poetisch nachvollziehen, und zwar hier: »Vom Leder gezogen – zur Fußball-WM 2014 in Brasilien«.

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