Lockdown-Lyrik 2.0 / 094: »pause« von Franziska Beyer-Lallauret

»Lockdown-Lyrik 2.0! Quarantäne poetisch ausleuchten – etwas ernst zu nehmen heißt nicht, sich davon unterkriegen zu lassen« ist eine Online-Sammlung von Gedichten, die sich mit der Corona-Krise befassen. Es darf uns weiterhin die Sprache nicht verschlagen! In loser Folge erscheinen neue Episoden der nun von Sabine Schiffner, Anton G. Leitner, Alex Dreppec und Fritz Deppert herausgegebenen Anthologie (Dank an Jan-Eike Hornauer, Mitherausgeber Folge 1-154).

 

Franziska Beyer-Lallauret

pause

du driftest spiralförmig durch REMphasen schlafbögen nachtsynapsen
wir sind nicht abergläubisch aber die vorstellung wäre schon was ich weiß
nicht was unter den brücken zwischen den hirnhälften sterne sprühte
wir nahmen uns kurz bei den armen was wir nicht durften laut protokoll
wir hatten klinken gedrückt uns an treppengeländern nach oben gezogen
wie an kletterstangen in turnhallen aus einer anderen zeit unser atem
staub düste unter den masken vor in nie dagewesenen konstellationen
durch die verseuchte gegend planeten touchierten sich fast das fenster
stand vorsorglich offen es konnte sich nur um jahre handeln bis ein regen
aus asteroiden um unsre geordneten verhältnisse fliegt leuchtkugeln
aus der mottenkiste ein hauch von traumsand knirscht in unsren augen
winkeln wir legen uns wieder schlafen in ungewaschene laken essen
mittags zusammen gut kirschen in ermangelung anderer dinge ein luxus
uns auf die unversiegelten münder zu sehn immerhin einmal pro woche

 

© 2021 Franziska Beyer-Lallauret, Avrillé bei Angers, Frankreich
(Redaktion: Alex Dreppec)

 

 

Lockdown Lyrik 2.0. Wir hatten gehofft, dass es zu keinem zweiten Lockdown mehr kommen würde. Aber jetzt ist er angeordnet, der sog. »Wellenbrecher-Lockdown«. Er beginnt in Deutschland ab Montag, den 2. November 2020 – mit der Aussicht auf triste Herbst- und Wintertage. Grund genug für die Redaktion der Jahresschrift DAS GEDICHT, ihre vieldiskutierte Netz-Anthologie zur Corona-Krise vom Frühjahr 2020 wieder hochzufahren. Möge diese Online-Sammlung zur Pandemie uns allen einmal mehr dabei helfen, tief Luft zu holen und möglichst viele Aspekte der weltweiten Katastrophe mit dem Instrumentarium der Lyrik auszuleuchten, damit wir und unsere Leserinnen und Leser mental nicht unter die zweite Welle geraten!

Sabine Schiffner, Alex Dreppec, Fritz Deppert und Anton G. Leitner
 
PS: Alle bereits geposteten Folgen von »Lockdown-Lyrik! Quarantäne querdenken – etwas ernst zu nehmen heißt nicht, sich davon unterkriegen zu lassen« finden Sie hier. In loser, jedoch zügiger Folge wird die Sammlung erweitert.

 

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