Lockdown-Lyrik 64: »Ma huifd, wo ma ko« von Anton G. Leitner

»Lockdown-Lyrik! Quarantäne querdenken – etwas ernst zu nehmen heißt nicht, sich davon unterkriegen zu lassen« ist eine Online-Sammlung von Gedichten, die sich mit der Corona-Krise befassen. Es darf uns die Sprache nicht verschlagen! In loser Folge erscheinen neue Episoden der von Alex Dreppec, Jan-Eike Hornauer und Fritz Deppert herausgegebenen Anthologie.

 

Anton G. Leitner

Ma huifd, wo ma ko

Da Banggreiwa,
Dea de Bangg nimma
Ausreiwan ko,
Weis in da Griese
Glei de Griese griagd hod
Und voa laudda Angsd
Zuagschbead hod,
Vaschewad sei Miggi-
Maus-Massgn
An Freischdaad
Zum Goidbreis
Ois Schuzz füas Mai –
Und da Polidigga
Lassd se glei
Mid eam beim
Üwagem oblichdn.

Danoch schdäid
Da Reiwa sei Gsuach
Beim Schdaad
Auf easde Huife,
Und da Polidigga
Vazabbfd olle, dassa
Moadsvui Massgn
Beschaffa hod kenna.

So is am End doch no
Olle ghoifa, aussa dene,
Dene hädd ghoifa
Wean soin.

 

Man hilft, wo man kann

Der Bankräuber,
Der arbeitslos
Geworden ist,
Weil die Bank in der Krise
Gleich die Krise bekam
Und in panischer Angst
Ihre Schalter geschlossen hat,
Vergoldet seine Mickey-
Maus-Maske,
Indem er sie
An den Freistaat Bayern
Als Mundschutz verkauft –
Was ein Politiker
Umgehend im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit nutzt,
Indem er sich mit ihm bei der
Übergabe ablichten lässt.

Danach stellt
Der Räuber sein Gesuch
Beim Staat
Auf Corona-Soforthilfe,
Und der Politiker
Verkündet auf der Pressekonferenz stolz, dass er
Eine Million FFP3-Atemschutzmasken
Hat beschaffen können.

So ist am Ende doch noch
Allen geholfen, außer jenen,
Die dringend der Hilfe
Bedurft hätten.

 

© Anton G. Leitner, Wessling

 

Zu dieser Reihe: »Lockdown-Lyrik! Quarantäne querdenken – etwas ernst zu nehmen heißt nicht, sich davon unterkriegen zu lassen« ist eine Online-Sammlung zu den aktuellen Auswirkungen der Corona-Krise. Wir wollen im Gespräch bleiben, während wir Infektionsketten unterbrechen. Wir wollen die Erfahrung der Vereinzelung miteinander teilen. Wir wollen virtuelle Brücken bauen. Wir wollen das tun, was wir können: dichten, die Welt – und auch die aktuelle Situation – poetisch erfassen.

Unser Anliegen ist es in jedem Fall, zu einem Mehr an Besonnenheit beizutragen, zu versöhnen statt zu spalten. Mit Sorge sehen wir überharte Diskussionen, wie sie derzeit online, aber auch offline zu häufig geführt werden. Klar ist uns: Es gehört zu einer Demokratie dazu, Konflikte auszutragen. Aber wir insistieren auch hierauf: Es ist ebenso unerlässlich, sich des Gemeinsamen, Verbindenden bewusst zu sein und zu werden sowie respektvoll miteinander umzugehen.

Uns ist bewusst, dass bereits der Ansatz, zur Corona-Pandemie eine Lyrik-Online-Anthologie herauszugeben, ihre Auswirkungen zeitnah lyrisch zu behandeln, und dies aus verschiedenen Perspektiven sowie in unterschiedlichen Tonlagen, als Provokation aufgefasst werden kann. So ist diese Sammlung keineswegs gemeint. Ihr Thema an sich ist jedoch eben hochemotional besetzt. Für uns, die Herausgeber der Reihe, bleibt trotzdem und gerade deshalb wichtig: Wir wollen Brücken bauen, Perspektiven weiten, der ungewohnten Situation mit poetischen Mitteln und im gemeinschaftlichen Sinne begegnen.

Bleiben Sie gesund!

Alex Dreppec, Jan-Eike Hornauer, Fritz Deppert
 
PS: Alle bereits geposteten Folgen von »Lockdown-Lyrik! Quarantäne querdenken – etwas ernst zu nehmen heißt nicht, sich davon unterkriegen zu lassen« finden Sie hier. In loser, jedoch zügiger Folge wird die Sammlung erweitert.

 

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